(2015, 105 Min.) Regie: Alain Gsponer
Der Film «Heidi» nach dem gleichnamigen Roman von Johanna Spyri gilt oft als Kinderfilm. Der Regisseur Alain Gsponer bezieht sich auf seinen Vater, der als ehemaliger Geissenhirt meinte, die Geschichte spiegle die soziale und psychische Realität verarmter Bauern in vielen Gegenden der Welt wieder und das zusätzliche Elend, in das Waisen-Kinder geraten, von denen es unter solchen Bedingungen mehr gibt, da die Menschen öfter früh sterben (Armut und Hunger, unbehandelbare Krankheiten, Unfälle, geringe Gesundheitsversorgung, mangelnde Bildung und geringe Hygiene (-möglichkeiten). Das steht im Gegensatz zu einer kleinen Elite, die gut versorgt lebt.
Das vorliegenden Sozialdrama zeigt zudem verschiedene psychologische Phänomene auf:
- Ein unerwünschtes und vermutlich emotional ungebundenes Kind kann sich manchmal zufällig und unbewusst darauf einstellen, mit allem rechnen zu müssen und sich mutig überall anzupassen. Und es kann sich unter diesen Bedingungen auch einen sehr aktiven Lebensstil aneignen. Der kann so weit gehen, dass das Kind ein sehr gutes Gefühl für die verschiedensten Menschen entwickelt und abschätzen lernt, wie weit diese zumindest nicht gefährlich oder sogar freundschaftlich sein können. Und im Erleben, ganz auf sich gestellt zu sein, kann es zudem die Fähigkeit erwerben, in schwierigsten Situationen beherzt das Leben zu gestaltet, indem es auch andere Menschen gewinnen kann, zu denen Vertrauen möglich ist.
- Es zeigt einen Grossvater, der von den Menschen abgeschreckt ist und in dem eine unerfüllte Hoffnung wieder aufkeimt, zu den Menschen dazuzugehören, wenn man Vertrauen in ihn setzt und er in seinem versteckten Wunsch nach Menschlichkeit erfasst ist. (Auch wenn diese Gefühlswandlung sehr kurz dargestellt ist).
- Ein Mädchen, das nach dem Tod seiner liebenden Mutter so stark reagiert, dass sie sich nur noch im Rollstuhl fortbewegen kann, wieder laufen lernt, weil sie sich freundschaftlich und lebensfroh mit einem Menschen (Heidi) verbinden kann und nicht einfach verwaltet wird.
- Wie eine Art von Legasthenie dadurch geheilt werden kann, dass eine gefühlvolle Bezugsperson Vertrauen vermittelt, dem Kind emotional näher kommt, indem es dieses in seinem Wesen versteht und zudem den emotionalen Sinn hinter dieser Leseunfähigkeit erfasst und diesen korrigiert.
- Dass Menschen durch negative Kindheitserfahrungen misstrauisch gegenüber anderen Menschen werden, und dadurch andere vorrangig als einschränkend und bedrohlich auffassen. Sie suchen dann den Ausweg nicht darin, sich mit anderen innig zu verbinden und sich frei auseinanderzusetzen. Sie meinen, sie könnten nur bei Tieren oder generell in der Natur frei und unbeschwert sein.
Eine Filmkritikerin in «der-andere-film» sagt: «Vor allem aber zeichnet sich der Film durch eine höchst differenzierte und feinfühlige Schilderung der seelischen Befindlichkeiten und der zwischenmenschlichen Beziehungen aus. Er bietet sich an, sich mit diesen Themen und der Wahrnehmung derselben durch das Publikum auseinanderzusetzen, ohne von einem pädagogischen Zeigefinger verfolgt zu werden.»

Ablauf Filmbesprechung
- 16.00 h Gemeinsames Kochen, für diejenigen, die gerne mitkochen
- 17.30 h gemeinsames Essen, für diejenigen, die gerne gemeinsam essen
- 21.15 h Besprechung des Filmes: Die Filme werden vorher von jedem privat angeschaut.
Die Filmbesprechungen finden in Dübendorf, Im Schossacher 17, 3. Stock statt.
Wir sollten lernen, mit den Augen des Kindes zu sehen, mit den Ohren des Kindes zu hören, mit dem Herzen des Kindes zu fühlen.